Zusammenfassung der Forschungsarbeit in Sydney

Im Rahmen meiner Promotion, die ich von 2001 bis 2003 an der University of Sydney, Department of Psychological Medicine, und der Universität Trier absolvierte, befasste ich mich mit folgenden Fragestellungen:

1. Unterschiede in der Wahrnehmung von saisonalen Schwankungen in der körperlichen Aktivität und dem Diätverhalten bei gesunden australischen und deutschen Frauen.

Anhand eines semi-strukturierten Interviews wurden 121 australische und 109 deutsche Frauen befragt. Beide Gruppen berichteten von deutlichen saisonalen Schwankungen in ihrer körperlichen Aktivität und dem Diätverhalten. Dieses schwankte bei australischen Frauen stärker über die Jahreszeiten, nicht jedoch bei Frauen, die regelmäßig Diät hielten.

2. Saisonale Schwankungen in der körperlichen Aktivität und der Körperzusammensetzung zwischen Patientinnen mit Anorexia nervosa und gesunden Frauen.

In dieser Fall-Kontrollstudie verglichen wir die körperliche Aktivität gemessen anhand eines triaxialen Accelerometers entwickelt von der Arbeitsgruppe um Prof. Klaas Westerterp und Ass. Prof. Guy Plasqui (University of Maastricht, Niederlande) und die Körperzusammensetzung gemessen mittels Dual-energy X-ray absorptiometry (DEXA) an 10 Patientinnen mit Anorexia nervosa und 15 gesunden Kontrollpersonen über 3 Jahreszeiten (Herbst, Winter, Frühjahr). Beide Gruppen zeigten ausgeprägte Schwankungen in ihrer körperlichen Aktivität, wobei die Patientengruppe stärker anstrengenden körperlichen Aktivitäten nachging. Der Körperfettanteil (in %) korrelierte nur in der Patientengruppe negativ mit dem Ausmaß der körperlichen Aktivität. Die Befunde legen nahe, dass eine reduzierte körperliche Aktivität auch mit einer Normalisierung der Körperzusammensetzung einhergeht.

3. Systematische Umfrage mit klinischen Experten aus dem Bereich der Anorexia nervosa zu deren therapeutischem Umgang mit der gesteigerten körperlichen Aktivität bei betroffenen Patientinnen.

Mittels einer semi-strukturierten Online-Umfrage konnten insgesamt 33 klinische Experten zu ihrem therapeutischen Umgang mit der gesteigerten körperlichen Aktivität bei Patientinnen mit Anorexia nervosa befragt werden. Die Mehrzahl betrachtete die gesteigerte körperliche Aktivität als ernst zu nehmendes klinisches Problem. Die häufigsten genannten therapeutischen Strategien waren Psychoedukation, Modifikation der maladaptiven Kognitionen und Selbstbeobachtung.

Die körperliche Aktivität von Patientinnen mit Anorexia nervosa stellt nach wie vor eine große therapeutische Herausforderung dar, obwohl die Grundlagenforschung insbesondere zur Bedeutung von reduzierten Leptin-Levels und dessen Zusammenhang zur Hyperaktivität (z.B. Hebebrand, J. et al., 2003, Physiology & Behavior) das Verständnis der gesteigerten körperlichen Aktivität maßgeblich verbessert hat. Aktuelle Publikationen belegen die Bedeutung der körperlichen Aktivität und deren therapeutische Modifikation (z.B. Higgins, J. et al., 2013, PLoS One).

Dr. Tanja Hechler